Wie Raps als Eiweißquelle für die menschliche Ernährung genutzt werden könnte

Bitterer Raps

Rapssaat enthält nicht nur Öl, sondern auch hochwertiges Eiweiß. Doch Proteinextrakte aus Raps besitzen eine intensive, bittere Fehlnote. Ein Team um den Lebensmittelchemiker Thomas Hofmann hat nun die für den bitteren Geschmack entscheidende Substanz identifiziert. Ein erster Schritt, um Raps für die menschliche Eiweißversorgung zu erschließen.

Laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) wird sich der Nahrungsmittelbedarf aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 in etwa verdoppeln. „In diesem Zusammenhang sind insbesondere bei der Eiweißversorgung Engpässe zu erwarten“, sagt Thomas Hofmann, Leiter des Lehrstuhls für Lebensmittelchemie und Molekulare Sensorik an der Technischen Universität München (TUM).

Daher sei es wichtig, neue pflanzliche Proteinquellen für die menschliche Ernährung zu erschließen. Eine gute einheimische Quelle sei die Rapssaat, so Hofmann weiter, der auch Direktor des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie ist.

Rapssaat enthält hochwertiges Protein

Rapssaat enthält nicht nur Öl, sondern auch hochwertiges Eiweiß, das viele lebensnotwendige Aminosäuren enthält. Weltweit fallen pro Jahr etwa 1,12 Millionen Tonnen Rohprotein bei der Rapsölproduktion an. Obwohl Landwirte den bei der Ölgewinnung anfallenden Rapskuchen seit langem als Eiweißfuttermittel in der Tiermast verwenden, spielt Raps als Proteinquelle in der menschlichen Ernährung bislang keine Rolle.

Ein Grund ist, dass in der Rapssaat enthaltene Begleitsubstanzen den Geschmack der aus Raps gewonnen Eiweißisolate stark beeinträchtigen. Zu diesen Substanzen zählen zum Beispiel sehr bitter schmeckende, sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe. Hofmann und sein Team gingen daher der Frage nach, welche Bitterstoffe genau den unangenehmen Fehlgeschmack von Rapsprotein verursachen.

Die Schlüsselsubstanz, die Rapseiweiß bitter schmecken lässt

Die Forschenden untersuchten drei verschiedene Eiweißisolate mit Hilfe massenspektrometrischer Analysemethoden sowie mit Geschmackstests. Beim ersten Isolat handelte es sich um einen Extrakt aller im Rapsschrot enthaltenen Proteine. Das zweite Isolat enthielt überwiegend Cruciferin und das dritte Napin, wobei es sich um die beiden Hauptspeichereiweiße der Rapssaat handelt. Alle drei Eiweißextrakte wiesen einen Proteingehalt von 80 bis 90 Prozent auf.

Wie die Untersuchungen erstmals zeigen, ist eine Verbindung mit dem Namen Kaempferol-3-O-(2‘‘‘-O-sinapoyl-ß-sophorosid) die Schlüsselsubstanz, die Proteinextrakte aus Raps bislang ungenießbar macht. Insbesondere das Cruciferin-Isolat enthielt mit 390 Milligramm pro Kilogramm sehr viel von diesem Bitterstoff. Das Rapsschrot- und das Napin-Isolat wiesen zwar weniger als ein Zehntel der Menge auf, schmeckten im Sensoriktest aber immer noch bitter.

Ausgangspunkt für neue Verfahren

„Da wir den Verursacher der bitteren Fehlnote nun kennen, lassen sich sehr viel leichter geeignete technologische Verfahren oder züchterische Strategien entwickeln, mit denen sich aus Rapssaat wohlschmeckende, eiweißreiche Lebensmittel herstellen lassen“, sagt Co-Autorin Corinna Dawid, die an der TUM die Arbeitsgruppe Phytometabolomics leitet.

 

Publikation:

C. Hald, C. Dawid, R. Tressel, T. Hofmann:
Kaempferol 3-O-(2'''-O-sinapoyl-β-sophoroside) causes the undesired bitter taste of canola/rapeseed protein isolates
J Agric Food Chem, 67: 372–378, DOI: 10.1021/acs.jafc.8b06260.

https://pubs.acs.org/doi/pdf/10.1021/acs.jafc.8b06260

Weitere Informationen:

Das Forschungsvorhaben wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des RaPEQ-Projekts (031B0198D) gefördert. Projektpartner war das Forschungsinstitut Pilot Pflanzenöltechnologie e.V. in Magdeburg.

 

Kontakt:

Prof. Thomas Hofmann
Technische Universität München
Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und Molekulare Sensorik,
Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der TUM
E-Mail: thomas.hofmann(at)tum.de
Telefon: +49 (8161) 71-2902

Dr. Corinna Dawid
Technische Universität München
Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und Molekulare Sensorik
Arbeitsgruppe Phytometabolomics
E-Mail: corinna.dawid(at)tum.de
Telefon: +49 (8161) 71-2923

http://www.molekulare-sensorik.de/index.php?id=2&L=1

https://www.leibniz-lsb.de/en/

http://www.molekulare-sensorik.de/index.php?id=75&L=1 

 

Das Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (Leibniz-LSB@TUM) besitzt ein neues, einzigartiges Forschungsprofil. Seine Wissenschaftler kombinieren Methoden der biomolekularen Grundlagenforschung mit Analysemethoden der Bioinformatik und analytischen Hochleistungstechnologien. Ihr Ziel ist es, die komplexen Inhaltsstoffprofile von Rohstoffen bis hin zu den finalen Lebensmittelprodukten zu entschlüsseln und deren Funktion als biologische Wirkmoleküle auf den Menschen aufzuklären. Basierend auf ihrer Forschung entwickelte Produkte sollen dazu beitragen, die Bevölkerung auch in Zukunft nachhaltig und ausreichend mit gesundheitsfördernden, wohlschmeckenden Lebensmitteln zu versorgen. Darüber hinaus sollen die neu gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu dienen, personalisierte Ernährungskonzepte zu entwickeln, die zum Beispiel Menschen mit einer Nahrungsmittelunverträglichkeit helfen, ohne dass die Lebensqualität eingeschränkt und die Gesundheit gefährdet ist.

Das Leibniz-LSB@TUM ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 95 selbständige Forschungseinrichtungen verbindet. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 19.100 Personen, darunter 9.900 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.