Geruchsstoffanalytik 2.0 − Technik für die Isolierung flüchtiger Lebensmittelinhaltsstoffe optimiert

Freising, 29.07.2022 - Einem Forschungsteam des Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (LSB) ist es gelungen, eine bewährte Methode zur schonenden, Artefakt-vermeidenden Isolierung flüchtiger Lebensmittelinhaltsstoffe zu automatisieren. Wie die aktuelle Vergleichsstudie des Teams nun zeigt, bietet die automatisierte Solvent-Assisted Flavor Evaporation (aSAFE) gegenüber dem manuellen Verfahren erhebliche Vorteile. Sie erzielt durchschnittlich höhere Ausbeuten und senkt das Kontaminationsrisiko durch nichtflüchtige Substanzen.

Das optimierte Verfahren ist vor allem für die Geruchsstoffanalytik von Bedeutung. Geruchsstoffe tragen wesentlich zum sensorischen Profil eines Lebensmittels bei und beeinflussen maßgeblich, ob wir es mögen oder nicht. Die Schlüsselgeruchsstoffe in einem Lebensmittel zu kennen, die das Aroma eines Lebensmittels prägen, ist daher sowohl für die analytische Qualitätskontrolle als auch für die gezielte Produktentwicklung in der Lebensmittelindustrie interessant. 

Flüchtige Verbindungen aus Lebensmitteln isolieren - alles andere als trivial

Flüchtige Verbindungen aus einem Lebensmittel zu isolieren, ist jedoch nicht trivial. Viele etablierte Verfahren führen zu Verlusten empfindlicher Geruchsstoffe sowie zu geruchsaktiven Artefakten und sind daher für die Geruchsstoffforschung ungeeignet. Die im Jahr 1999 entwickelte, manuelle SAFE-Technik ermöglichte erstmals, auf einfache Weise auch thermisch labile Geruchsstoffe aus Lebensmitteln ohne Artefakt-Bildung zu isolieren. „Eine wichtige Voraussetzung, um mithilfe weiterer Analysemethoden die Schlüsselgeruchsstoffe zu identifizieren“, sagt Philipp Schlumpberger, der zusammen mit Christine Stübner zu gleichen Teilen zur Studie beigetragen hat. Beide promovieren derzeit am LSB.

Heute ist die manuelle SAFE weltweit als ein Standardverfahren der Aromaforschung etabliert. Dennoch sah das Forschungsteam Optimierungsbedarf bei der Bedienungsfreundlichkeit, bei den erzielten Ausbeuten und bei der Verminderung des Risikos eines Transfers von nichtflüchtigem Material, das die folgenden Analysenschritte erheblich stören kann.

Das Ventil ist entscheidend

„Wie wir feststellten, sind die Probleme vor allem in der manuellen Bedienung des Ventils am Tropftrichter begründet. Daher haben wir es durch ein elektronisch gesteuertes, pneumatisches Ventil ersetzt. Um die SAFE-Apparatur vollständig zu automatisieren, erweiterten wir sie fakultativ durch ein automatisches Flüssigstickstoff-Nachfüll- sowie ein Endpunkt-Erkennungs- und Abschaltsystem“, erklärt Martin Steinhaus, Sektions- und Arbeitsgruppenleiter am LSB.

Wie die Studie des Teams nun zeigt, erhöhte der Einbau des automatischen Ventils die Ausbeuten insbesondere bei lipidreichen Lebensmittelextrakten und für Geruchsstoffe mit vergleichsweise hohem Siedepunkt. Zudem sind Bedienungsfehler, die bei der manuellen Variante zu einer Kontamination der Isolate mit nichtflüchtigen Substanzen führen können, bei der automatisierten SAFE ausgeschlossen.

„Inzwischen hat in unseren Laboren die automatische SAFE die manuelle Variante verdrängt. Weitere akademische und industrielle Forschungsgruppen folgen bereits unserem Beispiel, sagt Studienleiter Martin Steinhaus.

Publikation: Schlumpberger, P., Stübner, C.A. & Steinhaus, M. (2022) Development and evaluation of an automated solvent-assisted flavour evaporation (aSAFE). Eur Food Res Technol. 10.1007/s00217-022-04072-1. https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00217-022-04072-1.pdf

Hintergrundinformation:

Förderung:

Die Open-Access-Publikation wurde durch das DEAL-Projekt ermöglicht und organisiert. Die Studie wurde teilweise mit Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Innovationsförderprogramms gefördert (Förderkennzeichen 2816504314).

Videos zur aSAFE:
Videos zur automatisierten und vollautomatisierten SAFE finden Sie auf dem YouTube-Kanal des Instituts unter: https://www.youtube.com/channel/UC1iN8PyMGvarKilzgo_pQww

Kontakte:

Experten-Kontakt:

PD Dr. Martin Steinhaus
Leiter der Sektion I und der Arbeitsgruppe 
Food Metabolome Chemistry
Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie
an der Technischen Universität München (LSB)
Lise-Meitner-Str. 34
85354 Freising
Tel.: +49 8161 71-2991
E-Mail: m.steinhaus.leibniz-lsb@tum.de

Pressekontakt am LSB:

Dr. Gisela Olias
Wissenstransfer, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +49 8161 71-2980
E-Mail: g.olias.leibniz-lsb@tum.de
www.leibniz-lsb.de

Informationen zum Institut:

Das Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (LSB) besitzt ein einzigartiges Forschungsprofil an der Schnittstelle zwischen Lebensmittelchemie & Biologie, Chemosensoren & Technologie sowie Bioinformatik & Maschinelles Lernen. Weit über die bisherige Kerndisziplin der klassischen Lebensmittelchemie hinausgewachsen, leitet das Institut die Entwicklung einer Systembiologie der Lebensmittel ein. Sein Ziel ist es, neue Ansätze für die nachhaltige Produktion ausreichender Mengen an Lebensmitteln zu entwickeln, deren Inhaltsstoff- und Funktionsprofile an den gesundheitlichen und nutritiven Bedürfnissen, aber auch den Präferenzen der Verbraucherinnen und Verbraucher ausgerichtet sind. Hierzu erforscht es die komplexen Netzwerke sensorisch relevanter Lebensmittelinhaltsstoffe entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit dem Fokus, deren physiologische Wirkungen systemisch verständlich und langfristig vorhersagbar zu machen.

Das Leibniz-Institut ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 97 selbständige Forschungseinrichtungen verbindet. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 20.000 Personen, darunter 10.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.

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