Nachruf auf Herrn Prof. Dr. Werner Grosch (1934-2023)
Das Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München trauert um Herrn Professor Werner Grosch, der im Mai 2023 verstorben ist. Wir nehmen Abschied von einem hochgeachteten Kollegen, renommierten Wissenschaftler und Forscher, dessen Arbeit ganz der analytischen Lebensmittelchemie gewidmet war.
Herr Professor Grosch, geboren im Jahr 1934 in Berlin, hat einen bleibenden Eindruck in der wissenschaftlichen Gemeinschaft hinterlassen und wird uns für seine wegweisenden Entdeckungen und seine herausragenden Beiträge zur Lebensmittelchemie in Erinnerung bleiben. Auf vielfältigen Gebieten hat er Pionierarbeit geleistet, darunter insbesondere in der Erforschung der Fettoxidation und bei der Identifizierung sensorisch aktiver Verbindungen in Lebensmitteln. So entdeckte er zum Beispiel bereits 1979, dass bestimmte Hydroxyfettsäuren für den Bittergeschmack von Haferprodukten verantwortlich sind – Verbindungen, die im Zuge der Hinwendung zu einer mehr pflanzenbasierten Proteinversorgung als unerwünschte Begleitstoffe gerade jetzt wieder hochaktuell geworden sind. Unvergessen wird aber vor allem sein Beitrag zur Erforschung von Geruchsstoffen in Lebensmitteln bleiben. Gemeinsam mit Herrn Professor Peter Schieberle etablierte er die Gaschromatographie-Olfaktometrie und die Aromaextraktverdünnungsanalyse als Schlüsselmethoden für die aktivitätsgeleitete Identifizierung geruchsaktiver Verbindungen in der Aromastoffforschung, sowie die Verwendung von Isotopologen als interne Standards in Quantifizierungsassays für Geruchsstoffe. Auch belegte er die Wichtigkeit von Rekonstitutions- und Omissionsversuchen für die Ermittlung von Schlüsselgeruchsstoffen. Seine Arbeiten bilden eine wichtige Grundlage für das heute etablierte Fachgebiet der molekularen Sensorik, das sich der gezielten Verbesserung der sensorischen Eigenschaften von Lebensmitteln widmet.
Herr Professor Grosch wird auch für sein Mitwirken am international anerkannten Lehrbuch "Belitz-Grosch" geehrt, das seit seiner Erstveröffentlichung im Jahr 1982 zu einem Standardwerk der Lebensmittelchemie avanciert ist. Sein Beitrag zu diesem Lehrbuch hat zahlreichen Studierenden der Lebensmittelchemie eine fundierte Wissensgrundlage geboten und es zu einem unverzichtbaren Nachschlagewerk für Lebensmitteltechnologinnen und -technologen, Ernährungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, Humanmedizinerinnen und -medizinern sowie Veterinärinnen und Veterinären aus Industrie, Forschung und der Lebensmittelüberwachung gemacht.
Um seine herausragenden Leistungen und Verdienste auf dem Gebiet der Lebensmittelchemie zu würdigen, zeichnete die Gesellschaft Deutscher Chemiker Herrn Professor Grosch im Jahr 1998 mit der Joseph-König-Gedenkmünze aus.
Herr Professor Grosch hat nicht nur durch seine Forschung, sondern auch durch seine dreißigjährige Tätigkeit (1969 – 1999) als stellvertretender Leiter unseres Instituts, der damaligen Deutschen Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie, und als Hochschullehrer an der Technischen Universität München einen bedeutenden Einfluss ausgeübt. Er hat zahlreiche Arbeiten von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern betreut, darunter fast 50 Promotionen, und sein Wissen und seine Expertise an zukünftige Generationen von Lebensmittelchemikerinnen und -chemikern weitergegeben.
Mit dem Tod von Herrn Professor Werner Grosch im Mai 2023 verliert die Lebensmittelchemie eine herausragende Persönlichkeit und einen Visionär, der gemeinsam mit Herrn Professor Peter Schieberle die Grundsteine für die aktuelle Aromaforschung gelegt hat. Unser tiefstes Mitgefühl gilt seiner Familie.
Wir sind dankbar für seinen wissenschaftlichen Beitrag, seinen Humor und seinen beispielhaften Umgang mit allen Mitarbeitenden, denen Herr Professor Grosch stets wertschätzend und höflich begegnet ist, und werden ihn mit Hochachtung in Ehren halten.
Im Namen aller Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München
Prof. Dr. Veronika Somoza (Direktorin) und PD Dr. Martin Steinhaus (Leiter Forschungssektion I Chemie Sensorischer Systeme)